Wie vermeidet man die wichtigsten Fehler bei der Anforderungserfassung?

Beitragsbild-Anforderungsmanagement

Veröffentlich von Thorsten Körner am 06. August 2023 in Anforderungsmanagement

Ein Leitfaden für erfolgreiche Projekte durch präzise und effektive Anforderungsanalyse und 

Anforderungserfassung

Einleitung

Die Anforderungserfassung ist ein zentraler Prozess in jedem Projekt, sei es im IT-Bereich, im Maschinenbau oder in der Produktentwicklung. Sie bildet das Fundament für den gesamten Projektverlauf und entscheidet maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg. Häufig schleichen sich in dieser frühen Phase jedoch Fehler ein, die später zu kostspieligen Nacharbeiten, Verzögerungen oder gar zum Scheitern des Projekts führen können. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie die wichtigsten Fehler bei der Anforderungserfassung gezielt vermeiden und damit den Grundstein für erfolgreiche Projekte legen.

Warum ist die Anforderungserfassung so entscheidend?

Die Anforderungserfassung, auch Requirements Engineering genannt, ist das strukturierte Sammeln, Dokumentieren und Prüfen von Anforderungen aller relevanten Stakeholder*innen. Eine lückenhafte oder fehlerhafte Aufnahme führt oft dazu, dass Lösungen entwickelt werden, die am tatsächlichen Bedarf vorbeigehen. Projekte werden teurer, dauern länger oder liefern nicht den gewünschten Nutzen. Eine saubere Anforderungserhebung schafft Klarheit, Transparenz und ist der Schlüssel zu reibungslosen Abläufen.

Die häufigsten Fehlerquellen

1. Fehlende Einbindung relevanter Stakeholder*innen

Oftmals werden nicht alle betroffenen oder entscheidenden Personen in die Anforderungserfassung einbezogen. Dadurch gehen wichtige Perspektiven verloren und essenzielle Anforderungen werden möglicherweise übersehen.

2. Unklare oder widersprüchliche Anforderungen

Wenn Anforderungen vage oder mehrdeutig formuliert sind, entstehen Missverständnisse. Unterschiedliche Beteiligte interpretieren dieselbe Anforderung unterschiedlich, was zu Inkonsistenzen und Problemen in späteren Projektphasen führt.

3. Mangelnde Dokumentation

Werden Anforderungen nur mündlich besprochen oder unstrukturiert festgehalten, gehen Details verloren. Später ist nicht mehr nachvollziehbar, was ursprünglich vereinbart wurde.

4. Keine Priorisierung

Nicht alle Anforderungen sind gleich wichtig. Ohne eine klare Priorisierung wird häufig unnötig viel Zeit und Budget in weniger relevante Aspekte investiert, während kritische Punkte zu kurz kommen.

5. Zu frühe oder zu späte Änderungen

Veränderungen während des Projekts sind oft unvermeidlich – das Problem entsteht, wenn sie zu spät erkannt oder zu früh umgesetzt werden, ohne die Auswirkungen zu prüfen. Dies führt zu Mehraufwand und erhöhtem Risiko.

6. Fehlende Kommunikation und Abstimmung

Wenn die Kommunikation zwischen den Beteiligten nicht funktioniert, kommt es zu Reibungsverlusten, Missverständnissen und Verzögerungen.

7. Keine Validierung oder Verifikation der Anforderungen

Ohne systematische Überprüfung bleiben Fehler oder Lücken unentdeckt und werden erst spät im Projekt, oft zu einem schlechten Zeitpunkt, sichtbar.

Maßnahmen zur Fehlervermeidung

1. Stakeholder*innen frühzeitig und umfassend einbinden

Identifizieren Sie alle relevanten Interessengruppen zu Beginn des Projekts und sorgen Sie dafür, dass deren Anforderungen systematisch aufgenommen und dokumentiert werden. Verwenden Sie hierzu Methoden wie Interviews, Workshops oder Umfragen.

2. Anforderungen klar, präzise und überprüfbar formulieren

Achten Sie auf eine eindeutige Sprache und definieren Sie Kriterien, anhand derer Anforderungen objektiv überprüft werden können. Nutzen Sie dazu Vorlagen und Standards für Anforderungsdokumente.

3. Strukturierte und nachvollziehbare Dokumentation

Führen Sie eine zentrale, gut gepflegte Anforderungsdokumentation, die für alle Beteiligten zugänglich ist. Versionierungen und Änderungsprotokolle helfen, den Überblick zu behalten.

4. Priorisierung und Bewertung der Anforderungen

Setzen Sie Methoden wie MoSCoW, Nutzwertanalysen oder Abstimmungen ein, um die wichtigsten Anforderungen herauszufiltern und die Umsetzung darauf auszurichten.

5. Kontrollierter Umgang mit Änderungen

Implementieren Sie einen Change-Management-Prozess, der sämtliche Änderungen bewertet und alle Auswirkungen transparent macht. So können Sie flexibel und zugleich strukturiert auf neue Anforderungen reagieren.

6. Regelmäßige Kommunikation und Feedback-Schleifen

Planen Sie regelmäßige Meetings, Reviews und Abstimmungsrunden ein. Halten Sie alle Beteiligten kontinuierlich auf dem Laufenden und holen Sie aktiv Feedback ein.

7. Validierung und Verifikation als fester Bestandteil

Prüfen Sie alle Anforderungen systematisch auf Vollständigkeit und Umsetzbarkeit. Setzen Sie Testfälle auf, die bereits in der Anforderungsphase entwickelt und später zur Abnahme verwendet werden.

Best Practices und nützliche Methoden

  • Interviews und Workshops: Direkte Gespräche und moderierte Gruppenrunden fördern ein gemeinsames Verständnis und bringen oft verborgene Anforderungen ans Licht.
  • Use Cases und User Stories: Beschreiben Sie typische Anwendungsfälle und Anforderungen aus Sicht der Nutzenden, um den Fokus auf den tatsächlichen Mehrwert zu lenken.
  • Prototyping: Visualisieren Sie Anforderungen frühzeitig, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Traceability-Matrix: Verfolgen Sie jede Anforderung bis zu deren Umsetzung, um den Überblick zu behalten.
  • Regelmäßige Reviews: Überprüfen Sie Anforderungsdokumente gemeinsam, um frühzeitig Fehler zu entdecken.

Fazit

Die Anforderungserfassung ist kein einmaliger Arbeitsschritt, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der entscheidend für den Projekterfolg ist. Wer typische Fehlerquellen kennt und konsequent gegensteuert, legt das Fundament für erfolgreiche Projekte und zufriedene Stakeholder*innen. Investieren Sie Zeit und Sorgfalt in die Erhebung, Dokumentation und Kommunikation von Anforderungen – Sie werden es über den gesamten Projektverlauf hinweg vielfach zurückbekommen.

About the author 

Thorsten Körner

Thorsten Körner ist Senior Project Consultant aus Leidenschaft!
Als Certified Scrum-Master und Certified Scrum Product-Owner unterstützt er große und mittlere Projekte. Thorsten Körner blickt auf mehr als 25 Jahre Projekt-Erfahrung in Software Entwicklungs-Projekten in den unterschiedlichsten Branchen, von Energie-Wirtschaft über Banken/Finanzwirtschaft, Maschinenbau und die TV/Entertainment Industrie bis hin zum E-Commerce in zahlreichen Shops zurück

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